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Dienstag, 1. Dezember 2009

Filmkritik: Tarzan


Regie: Chris Buck, Kevin Lima
Drehbuch: Tab Murphy, Bob Tzudiker, Noni White
Musik: Mark Mancina
Laufzeit: 85 Minuten
freigegeben ab: 0 Jahren
Trailer: hier

Es ist unbestritten, dass in den 90-ern Disney einige der erfolgreichsten und beliebtesten Zeichentrickfilme der Filmgeschichte erschuf. Genauso wenig kann man aber auch bestreiten, dass irgendwann auch wieder alles auseinanderbrach, was später auch dazu führte, das man den Zeichentrick ganz aufgeben wollte. Wo der Verfall langsam aber sicher angefangen hat, kann man natürlich nicht genau sagen. Es wird wohl von jedem Disneyfilm den ein oder anderen Fan geben. Ich persönlich hab ja schon bei den vorherigen Werken gesagt, dass sie nicht die ganz große Klasse eines Aladdin oder "Die Schöne und das Biest" haben, doch ist dies natürlich auch schwierig immer wieder aufs neue hinzubekommen. Sehr gut unterhalten haben sie mich aber immer. Nun gibt es aber erstmals auch wieder einen Film, der mich total kalt lässt und das ist Disneys Protzwerk Nummer 1 Tarzan.
Das Disney in den letzten Filmen Probleme hatte, wirklich neue Geschichten zu erzählen, habe ich in den entsprechenden Reviews ja bereits angesprochen. Irgendwie gab es immer eine Liebesgeschichte zwischen zwei Hauptcharakteren und eine Figur, die sich eingezwängt fühlt und die Welt entdecken möchte. Präsentiert wurde dies meist in einem musicalartigen Stil. Bei Tarzan änderte man sich in der Hinsicht, dass diesesmal nicht die Figuren selbst singen, sondern dass der sehr populäre Popsänger Phil Collins passend zu den Bildern ein Lied trällert.
Storymäßig geht es diesesmal um die bekannte Geschichte von Tarzan, einem Jungen, der im Dschungel in der Obhut von Affen aufgewachsen ist und im Erwachsenenalter auf die Tochter eines Professors trifft, in die er sich unsterblich verliebt. Damit präsentiert Disney nun eine modernere Art des Dschungelbuches, denn Ähnlichkeiten zwischen diesen beiden Geschichten sind wohl kaum verkennbar. Es ist praktisch die Geschichte von Mowgli, der sich noch als Erwachsener durch den Dschungel hangelt. Dadurch sind natürlich einige Gemeinsamkeiten gegeben, doch 30 Jahre nach dem Dschungelbuch kann man dies ja durchaus mal wieder wagen.
Das Problem von Tarzan ist nun aber, dass der Film bei all seiner Protzerei die Geschichte komplett außer Acht lässt. Statt den Konflikt Tarzans mit dem Anführer der Gorillas Kerchak genauer zu beleuchten, gibt sich der Film lieber einer wahren Bilderflut hin und passend dazu wird dies noch von einem Popsong von Phil Collins begleitet. Auch der Liebesgeschichte mit Jane im späteren Verlauf fügt man nichts wirklich neues hinzu, sondern setzt auch hier voll auf Spektakel. Das man zum Ende hin noch ein 08/15-Finale mit einbaut, über dessen Bösewicht man gar nicht mehr zu sprechen braucht, lässt dann endgültig erkennen, dass der Film zwar nett anzusehen ist, die Figuren einem aber trotzdem kalt lassen. Da hilft es auch nicht, dass man sich dazu entschließt, den Film etwas traurig enden zu lassen, denn was in "König der Löwen" hervorragend geklappt hat, ist hier nicht mehr als ein müdes Achselzucken wert.
Da hilft dann auch die sehr gelungene Animation nicht viel. Die Hauptfigur wird dabei einmal mehr von Glenn Keane animiert, der auch schon für das Biest, Aladdin und Pocahontas verantwortlich war und ich denke mal, dass man über Tarzan nicht viel meckern kann. Das Problem ist wohl eher, dass dessen Charakter inhaltleer bleibt. Etwas besser kommt da schon Jane weg, die wie schon Meg in Hercules von Ken Duncan animiert wurde und dadurch wieder etwas frecher als beispielsweise die Mark Henn - Figuren wegkam. Wer nun besser ist, kann ich nicht wirklich sagen. Die Abwechslung und die Thematik des Films sind dafür wohl entscheidend. Aber auch der Dschungel sieht hier sehr gut aus und die Szenen in denen sich Tarzan durch die Wälder schwingt, sind ebenfalls sehr dynamisch geraten. Im Endeffekt bleibt jedoch festzustellen, das man alles einfach nur eine Stufe hätte runterschrauben müssen um eine etwas kleinere, aber auch intimere Geschichte zu erzählen.
Deshalb bin ich mir auch nicht so sicher, ob es die richtige Entscheidung war, die Songs des Filmes von Phil Collins singen zu lassen. Phil Collins ist zweifelsohne ein begnadeter Sänger und seine Musik höre ich persönlich gern, doch hier wurde es mir zu poppig. Disneysongs sollten da eigentlich ein wenig intimer sein, was durch die Stimmgewalt Collins einfach nicht gegeben ist und die Texte passen dann auch nicht so wirklich gut. Vor allem in anderen Sprachen, die Collins einsingen musste, funktioniert das Ganze nicht mehr so wirklich, da die Betonung falsch gesetzt wurde und manchmal die Aussprache in einem ziemlichen Kauderwelsch endet, so dass man überhaupt keine Ahnung hat um was es da jetzt genau gehen soll. Abgesehen davon sind mir zwei Welten in einer Familie dann doch etwas arg auf Kitsch getrimmt. Mich überzeugten die Lieder im Film deshalb auch eher weniger und auch wenn man in "König der Löwen" ein ähnliches Experiment mit Elton John wagte, so ließ man damals ja doch andere Leute die Songs einsingen, was den Film meiner Meinung nach deutlich zeitloser erscheinen lässt als jetzt der mit der Popmusik von Phil Collins unterlegte Tarzan. Mark Mancinas Score ist dann auch nicht mehr als eine nette Zugabe, aber da war man von Disney in der Vegangenheit deutlich besseres gewohnt.
So gesehen ist Tarzan ein aufwändig inszeniertes Actionspektakel mit bombastischer Musik, der aber auf der menschlichen Seite kaum zu fesseln vermag. Dafür sind die Charakter zu sehr nach Standardformel geschrieben und wachsen einem zu wenig ans Herz. Da hilft dann auch die sehr ansprechende Animation nicht weiter, denn manchmal ist weniger auch mehr.

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