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Mittwoch, 9. September 2009

Filmkritik: Oben


Regie: Pete Docter
Drehbuch: Pete Docter, Bob Peterson
Musik: Michael Giacchino
Laufzeit: 96 Minuten
freigegeben ab: 0 Jahren
Trailer: hier

14 Jahre ist es mittlerweile her seit Toy Story das Animationskino auf den Kopf stellte und eins ist bis heute geblieben. Der absolute Nummer-1-Status von Pixar was qualitativ hochwertige Animationsfilme betrifft. Insbesondere die letzten Jahre kann man schlichtweg als grandios bezeichnen. Immerhin gewannen 4 der letzten 5 Filme des Studios den Oscar für den besten Animationsfilm und auch die Bewertung von Oben auf rottentomatoes von 97 % lassen vermuten, dass auch dieses Jahr der Weg nicht an Pixar vorbeiführt. Aufgrund der (unsinnigen) Aufstockung der "Beste Film" - Kategorie auf 10 Filme scheint selbst dort eine Nominierung als wahrscheinlich. Für mich persönlich wäre es jedoch schade, wenn jetzt ausgerechnet Oben die Ehre zugeteilt wird, die eigentlich schon Ratatouille und Wall-E verdient hätten. Denn auch wenn der Film handwerklich einmal mehr hervorragend umgesetzt wurde, verläuft die eigentlich tolle Idee insbesondere in der zweiten Hälfte zu sehr nach Schema F und wird zusätzlich mit unnötigem Humor angereichert.
Die Idee, dass ein Rentner eine Reise nach Südamerika unternimmt um den Traum zu erfüllen, den seine verstorbene Frau und er ihr ganzes Leben gehegt haben und dabei versehentlich einen blinden Passagier mitnimmt, eröffnet natürlich ungeahnte Möglichkeiten und auch die Idee mit Hunden, die mithilfe von Halsbändern sprechen können, war mal wieder eine typische Pixaridee, die eigentlich immer super aufgehen. Doch leider gelingt dies in diesem Film hier nur bedingt.
Die ersten 10 Minuten, die allein seiner Frau und ihm gewidmet sind, sind schlichtweg grandios. Diese Szenen verzichten fast komplett auf Dialog und es ist einfach nur schön mitanzusehen, was die beiden in ihrer Bilderbuchehe erlebt haben. Auch die Zeit danach fängt vielversprechend an. Man sieht, wie Carl sich immer mehr von der Welt abschottet und sein einsames Rentnerleben lebt. Dann jedoch will ein Unternehmen sein Haus abreißen, da dort gebaut wird, was Carl aber gar nicht gefällt, da das Haus die einzige Erinnerung ist, die er an seine Frau Ellie noch hat. Gleichzeitig macht er aber auch Bekannschaft mit dem kleinen Pfadfiner Russell, den Carl anfangs aber alles andere als sympatisch findet. Nachdem er sein Haus aber endgültig räumen soll, entschließt er sich dazu, nun doch noch die Reise zu unternehmen, die er und seine Fraue immer geplant hatten. Dabei rechnete er aber nicht damit, dass es einen blinden Passagier geben würde.
Die Möglichkeiten, die in der Beziehung zwischen Carl und Russell dabei hätten entstehen sind praktisch grenzenlos. Deshalb ist es eigentlich schade, dass man dabei eine Story erzählt, die man leider schon oft in Filmen gesehen hat, denn die Beziehung zwischen Rentner und Jugendlichem gab es schon sehr oft und meist konnten sich beide Parteien am Anfang nicht so ganz leiden, wobei Russell ja nichts gegen Carl hat. Carl will halt nur seine Ruhe. Diese ist spätestens dann vorbei, wenn die beiden auch noch auf einen Hund und einen exotischen Vogel treffen. Während Russell beide sofort ins Herz schließt, will Carl nur noch sein Ziel erreichen. Sicherlich funktionieren solch klassische Geschichten wie auch bei Cars immer noch ganz gut, aber kochende Ratten in Paris und verliebte Roboter im Weltall sind halt nochmal etwas komplett anderes.
Schade ist es auch, dass der Trailer diesesmal schon einen recht genauen Einblick in die Geschichte des Films gibt. Dies ist besonders dann schade, wenn man die Eröffnungssequenz im Film sieht. Denn was im Film später eine echte Überraschung darstellen hätte können, verpufft somit komplett. Dank des Trailers weiß man nun schon genau, dass sie auf besagte Peron im Verlauf des Films treffen werden. Wahrscheinlich wäre es auch ohne den Trailer nicht die Hammersensation geworden, aber wirklich damit gerechnet hätte man nun nicht. Bei Ratatouille hatte man aber beispielsweise keine Ahnung bezüglich des Kritikers und auch in Wall-E wusste man ja noch recht wenig, was in der zweiten Hälfte so alles im Weltall passieren würde. Deshalb ist es schade, dass man diesmal schon recht viel gezeigt hatte.
Außerdem erinnern die Szenen in Südamerika etwas stark an "Die Unglaublichen", denn einmal mehr wirkt es so, dass fremde Mächte diesen Ort beherrschen und sich Carl und Russell sich gegen diese wehren müssen, zumal wieder allerlei technischer Schnickschnack mit eingebaut ist. In diesem Fall sind es sprechende Hunde, die sich ständig miteinander unterhalten und irgendwie auch so ziemlich alles beherrschen. Leider hat man es sich dann auch nicht nehmen lassen, einem der Hunde zumindest kurzfristig eine furchtbar piepsige Stimme zu verleihen. Somit wird die Idee mit den durch Halsbänder sprechenden Hunden doch etwas arg strapaziert, was nicht hätte sein müssen.
Die einzelnen Charaktere sind aber einmal mehr gut herausgearbeitet. Mit Carl hat man durchaus Mitleid und seine kauzige Art am Anfang ist auch recht lustig. Russell ist auch sehr nett geraten und ist nicht nervig. Man kann über ihn lachen und findet ihn einfach nur sympatisch. Im späteren Verlauf treffen sie dann auch auf den Hund Doug und den Vogel Kevin. Doug ist dabei sogar recht lustig und bei ihm ist das Halsband auch nicht nervig, sondern sorgt für einige Lacher. Er benutzt es aber auch nicht dafür um mit anderen Hunden irgendwelche strategischen Sachen zu besprechen. Jedenfalls ist Doug recht lustig und sehr unterhaltsam. Ähnliches gilt auch für Kevin, wobei dieser sich meist nur mit Carl anlegt, aber trotzdem ganz niedlich rüberkommt.
Animationsmäßig wird bei Pixar natürlich wieder einiges geboten. Die Menschen sind zwar wieder recht cartoonhaft, aber daran muss man sich wohl gewöhnen. Der Rest ist aber wieder gewohnt hoher Standard. Die Tiere sehen einmal mehr sehr gut animiert aus und auch die Sets in Südamerika sind sehr schick geworden. Auch actionmäßig gibt es zumindest zwei ganz ansehnliche Szenen. Doch auch da gilt, dass man doch schon recht viel im Trailer verballert hat und diese nun nur etwas verlängert sind, aber nicht umbedingt spektakulärer ausfallen.
Einmal mehr engagierte man auch Michael Giacchino für die Musik, der für Pixar ja auch schon die Scores zu den Brad Bird - Filmen "Die Unglaublichen" und "Ratatouille" geschrieben hatte und auch die Musik von Oben ist wieder sehr schön geworden. Ganz so stark wie die beiden Vorgänger empfand ich sie nun aber auch nicht.
Somit ist Oben kein reines Loblied, denn dafür gibt es zu viel, was nicht so gut funktioniert. Schlecht ist der Film deshalb aber noch lange nicht und man hat durchaus seinen Spaß. Er ist halt nur nicht ganz so stark wie man es von Pixar in den letzten Jahren gewohnt war. Aber vielleicht muss man sich auch mal damit zufrieden geben, dass nicht jeder Film gleich ein ganz großer Klassiker ist. Die Frage ist nur, wann der nächste Klassiker ansteht. Toy Story 3 wird eine schwere Aufgabe werden und Cars 2 ist eh sehr wackelig. Aber Pixar hat ja schon mehrfach bewiesen, dass sie auch mit unmöglichen Sachen große Erfolge feiern und auch Oben bekommt zumindest das Prädikat solide.

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