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Sonntag, 7. März 2010

Filmkritik: Alice im Wunderland


Regie: Tim Burton
Darsteller: Johnny Depp, Mia Wasikowska, Helena Bonham Carter
Drehbuch: Linda Woolverton
Musik: Danny Elfman
Laufzeit: 108 Minuten
freigegeben ab: 12 Jahren
Trailer: hier

Lange hat es gedauert, doch endlich ist es Realität geworden. Tim Burton ist zu dem Studio zurückgekehrt, wo er als Zeichentrickkünstler seine Karriere begann und was passte da besser, als mit "Alice im Wunderland" einen alten Disneyklassiker in einen Realfilm umzuwandeln. Der Film ist offiziell allerdings kein Remake bzw. Fortsetzung des Disneyklassikers, sondern eine Neuinterpretation der beiden Romane von Lewis Carroll.
Außerdem erzählt der Film nicht die klassische Geschichte wie Alice als kleines Kind ins Wunderland gelang, sondern wie sie als fast erwachsene Frau in jenes zurückkehrt. Dies erweist sich allerdings durchaus als kleiner Stolperstein. Man wird sofort ins Geschehen miteinbezogen und kann erstmal nicht so genau nachvollziehen, was da nun genau geschieht. Alle Leute sprechen von der falschen bzw. richtigen Alice, die rote Königin möchte sie tot sehen und man erfährt sofort, dass sie gemäß einer Legende ein Ungeheuer töten muss um das Wunderland zu retten. Man bekommt also relativ viele Informationen innerhalb der ersten 15 Minuten geboten und wer dann nichtmal die Zeichentrickversion im Hinterkopf hat, könnte da echt Probleme bekommen. Außerdem werden die ersten Stationen von Alice im Wunderland ziemlich schnell abgehandelt und man wünschte sich manchmal, dass Burton länger an diesen Orten verweilt hätte. Allzu schnell kommt dann aber auch schon die erste Actionsequenz.
Hat man diesen turbulenten Anfang aber erstmal überstanden, offenbart sich nach und nach doch die Schönheit des Wunderlandes. Das Tempo wird gemächlicher und auch die Geschichte offenbart sich einem nach und nach. Im Gegensatz zur Zeichentrickversion gibt es hier sogar einen roten Faden innerhalb der Geschichte und es ist kein wildes Hin-und-Her-Gehopse zwischen den einzelnen Orten des Wunderlandes. Dies trägt aber auch ein paar negative Seiten mit sich. Man hat beispielsweise nicht das Gefühl, dass Burton hier das Potential des Wunderlandes völlig ausschöpft. Nach einem kurzen Besuch beim Hutmacher geht es nämlich sofort zur roten Königin und was dann folgt ist ein ständiger Ortwechsel zwischen dem Heim der roten und dem der weißen Königin. Bei einem so visuell begnadeten Regisseur wie Burton hätte man schon erwartet, dass es ein paar mehr Ortwechsel geben würde. Aber auch die Lösung des Konflikts ist eigentlich nicht das, was man von einem Burton normalerweise erwartet. Es endet nämlich so wie in vielen Fantasyblockbustern der letzten Jahre mit einer Schlacht. Diese sieht zwar ganz nett aus, aber es wäre ehrlich gesagt schön, wenn Hollywood demnächst mal wieder für mehr Abwechslung in diesem Bereich sorgen würde. Vor allem bei Alice hatte man nun das Gefühl, dass man das alles schonmal gesehen hat und über einen Mix aus Herr der Ringe und Dornröschen kommt dieses nicht hinaus, wobei es hier auch etwas an Dramatik krankt, da diese Schlacht viel zu schnell vorbei ist.
Allgemein könnte man Burton vorwerfen, dass er seinen Film ruhig etwas epischer hätte inszenieren können. Es ist storymäßig nichts wirklich schlecht, aber mit ein bisschen mehr Hintergrundgeschichte hätte hier noch etwas größeres entstehen können. So wirkt die Geschichte trotz ihrer optischen Brillianz etwas unbedeutend und das ist schade, da sein Film sonst voll überzeugt.
Insbesondere bei den Schauspielern und den recht skurrilen Charakteren kann das Wunderland voll überzeugen. Als erstes ist hier auch wieder Johnny Depp zu nennen. Der spielte in den letzten Jahren vielleicht den ein oder anderen verrückten Charakter zu viel, aber auch hier sorgt er einmal mehr für die schauspielerischen Glanzpunkte des Film. Ebenfalls erwähnenswert ist aber auch Helena Bonham Carter als rote Königin, die trotz des recht eigenwilligen Designs ihrer Figur überzeugen kann. Anne Hathaway finde ich dann ja eh toll und auch die Darstellern der Alice (Mia Wasikowska) braucht sich nicht zu verstecken. Natürlich kann sie schauspielerisch noch nicht mit einem Depp oder einer Bonham Carter mithalten und ein paar Emotionen mehr wären recht nett gewesen, aber für eine 19-Jährige in ihrer ersten Big Budget-Produktion macht sie schon eine sehr ansehnliche Figur und man kann gespannt sein auf weitere Projekte mit ihr.
Aber auch die animierten Charaktere des Films machen verdammt viel Spaß. An erster Stelle zu nennen ist da sicherlich die Grinsekatze, die ja auch schon in den Trailern für genügend Gesprächsstoff sorgte. Im Film ist sie für einen recht verrückten Charakter vielleicht etwas zu normal geraten, aber wenn sie auftaucht, dann sind Lacher sicherlich garantiert. Man hätte sich aber durchaus ein paar mehr Szenen mit ihr gewünscht. Ähnliches gilt auch für den Märzhasen, der ständig mit Gegenständen um sich wirft. Der spielt nämlich kaum eine Rolle. Zum Ende des Films taucht dann auch noch ein Jabberwocky auf, der vom Design aber vielleicht etwas langweilig geraten ist. Ähnliche Figuren findet man auch in anderen Filmen wieder.
Nichts zu meckern gibt es jedoch bezüglich der Sets, denn diese sind wieder absolut umwerfend geraten. Es ist zwar schade, dass es für ein Wunderland relativ wenige Sets gibt, aber dafür sehen diese wenigen auch wieder sehr, sehr gut aus. Das Heim der roten Königin ist einfach nur göttlich und auch das Reich der weißen Königin ist sehr schön geraten, wobei hier schon ein kleiner "Herr der Ringe"-Anstrich zu erkennen ist. Auf dem ersten Set des Wunderlands und auch der Heimat des Hutmachers hätte ich aber gerne etwas länger verweilt, denn diese wirken etwas verschenkt.
Ein großes Lob verdient aber auch einmal mehr Danny Elfmans Musik, die den Film erst zu einem richtigen Burton-Film macht. Diese ist nämlich sehr atmosphärisch und insbesondere beim Haupttheme ist Gänsehaut garantiert. Aber auch sonst wirkt die Musik immer stimmig und sorgt für ein rundum gelungenes Musikerlebnis.
Ähnliches kann man aber auch von Burtons Film sagen, der einmal mehr visuell atemberaubend ist und mit reichlich skurrilen Charakteren aufwartet. Er ist zwar etwas zu kurz geraten und etwas mehr Hintergrundgeschichte bezüglich einiger Charaktere, sowie eine ausgefallenere Story wären sehr nett gewesen, aber ansonsten gibt es hier nicht viel zu meckern. Sehr unterhaltsames Popcornkino.

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