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Freitag, 10. Dezember 2010

Filmkritik: Rapunzel - Neu verföhnt


Regie: Bryon Howard, Nathan Greno
Drehbuch: Dan Fogelman
Musik: Alan Menken
Laufzeit: 101 Minuten
freigegeben ab: 0 Jahren
Trailer: hier

Als Walt Disney 1937 seinen ersten abendfüllenden Animationsfilm "Schneewittchen und die sieben Zwerge" in die Kinos bringen wollte, wurde er von allen anderen nur belächelt. Ein Flop schien unumgänglich, doch da hatten sie sich geirrt. Der Film wurde zu einem Welterfolg und über 70 Jahre später steht uns mit "Rapunzel - Neu verföhnt" der mittlerweile 50. Animationsfilm des traditionsreichen Animationstudios ins Haus. Dabei ist das Studio durch sehr erfolgreiche, aber auch durch viele eher trostlose Jahre gegangen. Seine erfolgreichste Zeit nach dem Ableben Walt Disneys 1966 erlebte das Studio zweifellos Anfang der 90-er. Nachdem es jedoch zum Krach zwischen dem damaligen Disney-Oberhaupt Michael Eisner und dem heutigen Dreamworks-Chef Jeffrey Katzenberg kam, ging das Studio durch eine seiner schwersten Zeiten überhaupt. Viele Filme blieben hinter den Erwartungen zurück und mündeten schließlich darin, dass man sich immer mehr der Popkultur anpasste und Machwerke wie "Die Kühe sind los" und "Himmel und Huhn" produzierte, die bei Fans auf Ablehnung stießen. Erst mit der Fusion mit Pixar und der erweiterten Machtfülle des Pixarchefs John Lasseter schien endlich Besserung in Sicht zu sein und so entstanden die Kritikererfolge "Bolt" und "Küss den Frosch", die an den Kinokassen allerdings keine Berge ausrießen. Mit dem neuesten "Rapunzel - Neu verföhnt" geht man also nun wieder dahin, wo man in den 50-ern mit Dornröschen und in den 90-ern mit "Die Schöne und das Biest" bereits war und verfilmte ein klassisches Märchen, welches sich stilistisch ganz nah an den berühmten Vorbildern orientierte. Der einizige große Unterschied ist, dass es sich diesesmal um einen Computeranimationsfilm handelt.
Erzählt wird die Geschichte von Rapunzel, die als kleines Kind von der gemeinen Frau Gothel entführt wird und von nun an in einem Turm aufwächst, da sie magisches Haar besitzt, welches eine Person jung hält. An ihrem 18. Geburtstag möchte sie jedoch endlich den Turm verlassen um die Laternen sehen zu können, die jedes Jahr an ihrem Geburtstag am Himmel erscheinen. Als eines Tages der Gauner Flynn Rider in ihren Turm einbricht, bietet sich ihr endlich die Chance, den Turm zu verlassen. Doch Frau Gothel ist ihr bereits auf den Fersen.
Die Trailer haben in erster Linie einen Film mit reichlich Humor, vielen One-Linern von Flynn und reichlich Action geworben. Immer wieder ausgeblendet wurde jedoch die Geschichte rund um Rapunzel und von dem eigentlichen Bösewicht des Films, Mutter Gothel, hat man sogar kaum etwas gesehen. Auch die Tatsache, dass man in diesem Film Songs des 8-maligen Oscarpreisträgers Alan Menken hört, wurde oftmals unter den Teppich gekehrt.
Deshalb dürfte es überraschend anmuten, dass man in der ersten Hälfte des Films kaum etwas von Flynn zu sehen bekommt, sondern sich fast alles auf den Konflikt zwischen Rapunzel und Mutter Gothel konzentriert. Aber auch danach ist der Film eindeutig Rapunzels Geschichte und auch die Songs sind fast ausschließlich ihr gewidmet. Flynn darf zwar als Erzähler der Geschichte fungieren und auch seine aus den Trailern bekannten Sprüche ablassen, aber im Film selbst bleibt er gegenüber Rapunzel deutlich blasser. Während man Rapunzel ihre Geschichte voll und ganz abnimmt, bleibt Flynn etwas undurchsichtig und auch sein Wandel am Ende des Films kommt etwas plötzlich.
Umgeben werden die beiden Figuren aber auch wieder von vielen Nebenfiguren. Die markanteste ist dabei sicherlich das Chamäleon Pascal, welches Rapunzel den ganzen Film über begleitet und dabei immer wieder für die größten Lacher im Film sorgt. Der Film ist allein schon dann großartig, wenn man die ganze Zeit nur auf Pascal achtet, da er immer wieder für tolle Aktionen sorgt und auch im Finale eine sehr nette Rolle inne hat. Der zweite interessante Tiercharakter ist dann zweifellos das Pferd Maximus, welches sich problemlos an die Spitze sämtlicher Pferdecharaktere Disney's setzt. Allerdings hätte man auch hier den Konflikt zwischen Flynn und ihm noch etwas weiter ausbauen können.
Einen großen Teil zum Gelingen des Films trägt aber auch der eigentliche Bösewicht des Films Mutter Gothel bei. Als angebliche Mutter von Rapunzel überzeugt sie voll und ganz und kann sowohl witzig, als auch richtig böse sein. Ein großes Lob geht hier auch an Donna Murphy, die vom gesamten Stimmcast die beeindruckenste Stimmleistung hinlegt.
Was man am Film jedoch kritisieren kann, ist die Tatsache, dass er trotz seiner verhältnismäßig langen Laufzeit von 100 Minuten ein bisschen unter Zeitproblemen leidet. Die Geschichte vieler Charaktere kann nur angerissen werden und auch die einzelnen Stationen auf der Reise von Flynn und Rapunzel kommen teilweise doch recht kurz. Insbesondere auf das Thema der verlorenen Prinzessin hätte man ruhig noch etwas genauer eingehen können und auch vom eigentlichen Königreich sieht man nur recht wenig. Dafür sind genau diese Szenen die beeindruckensten des ganzen Filmes. Der Tanz im Königreich ist schon sehr gelungen, doch insbesondere die folgende Laternenszene gehört zu den größten Highlights des Films. Diese muss sich vor klassischen Romantikszenen wie jenen in Arielle oder Aladdin keinesfalls verstecken. In der 3-D-Version des Films hätte man aber trotzdem darauf verzichten können, dass einzelne Laternen direkt vor der Nase des Beobachters herumtanzen.
An dieser Stelle kann man auch mal auf die Musik von Alan Menken eingehen. Als Komponist von Meisterwerken wie "Arielle", "Die Schöne und das Biest" und "Aladdin" waren die Erwartungen natürlich sehr hoch. Ganz erfüllen kann Menken diese zwar nicht, aber das war innerhalb des Films auch nur schwer möglich, da der Musicalpart in dem Film zwar vorhanden ist, aber nicht ganz so ausgeprägt ist wie noch in den Filmen der 90-ern. Außerdem muss man bedenken, dass es sich diesesmal um einen Computeranimationsfilm handelt, so dass wilde Stilwechsel wie in einem Zeichentrickfilm nur bedingt möglich sind. Ein großes Highlight ist aber zweifelsohne der Song "I see the light", der ein wunderschönes Liebesduett zwischen Flynn und Rapunzel darstellt und auch der Bösewichtsong "Mother knows best", sowie dessen Reprise zählen zu den musikalischen Highlights des Songs. Rapunzel's persönlicher Song "When will my life begin" fällt hingegen nur durchschnittlich aus und auch der Pubsong "I have a dream" vergisst man recht schnell wieder. Schön ist allerdings, dass man den Heilungsprozess durch die Haare mit einem Song untermalt hat. Nichts zu meckern gibt es hingegen bei dem eigentlichen Score, denn dieser ist klassisch Menken und untermalt den Film nahezu perfekt. Umso trauriger ist es da, dass der Score dank neuer Academyregeln wohl nicht für einen Oscar nominiert werden kann und Menken sich somit auf die Songkategorie konzentrieren muss.
Auch wenn der Film als ein zweiter Shrek beworben wurde, so ist "Rapunzel - Neu verföhnt" ein durch und durch klassisches Disneymärchen, welches zwar viel Humor besitzt, aber dies in einem eher klassischen Sinne einsetzt. Lässt man einzelne Tempoprobleme und den ein oder anderen nur mäßig entwickelten Charakter außen vor, so braucht sich der Film vor den größten Klassikern des Studios nicht zu verstecken und stellt einen würdigen 50. Animationsfilm des Studios dar.

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